Freitag, 9. November 2012

Im Wagen vor mir: Opa



Tage gibt’s, da bin ich lieber nicht kommunikativ. Weil ich schon zuviel telefoniert habe, müde bin, Hunger habe… Tage, an denen man manchmal aber zur Kommunikation gezwungen wird. Wenn ich mich darüber aber auch noch Tage später freue, freut sich vielleicht auch ein anderer:

Parklücke. Jaaaaaa! Also: Blinker rechts, Rückwärtsgang rein, Lenkrad einschlagen… Solange ich keinen Beifahrer habe, die Lücke nicht eher für einen Smart gemacht ist und ich grad irgendwelchen Gedanken nachhänge, nur selten ein Problem für mich. Mache ich öfter. Letzte Parkpanne ist ein paar Jahre her.

Also: Blick nach links, Blick nach hinten, Kopf gedreht… Als mein Kopf wieder nach vorn wandert, sehe ich den Mann, der eben erst aus dem Wagen vor mir gestiegen ist. Ein älterer Mann. Marke: „Opa“. Wild gestikulierender Opa. Während er mit schwungvollen Bewegungen sein imaginäres Lenkrad dreht, fällt mir auf, dass ich Hunger habe. Heute nicht auf Beifahrer, sondern auf Opa.

Weil ich „ne ganz Abgebrühte“ bin, lasse ich mich glücklicherweise nicht irritieren, halte an meiner Einpark-Taktik fest und verziehe den Mundwinkel in keine Richtung. Nicht einmal beim Aussteigen. Obwohl Opa noch da ist.

Erst sein „Schön, schön! Hätt ich gar nicht so zappeln müssen“, lässt mich stocken. Zumindest ein halber Mundwinkel steuert seinen Weg aufwärts an. „Hab ich lang nicht gesehen, dass Parken so flott geht.“

Und ja: ich grinse! Freue mich, bedanke mich! Sein „Moment mal, junge Frau!“, lässt mich wieder stocken. Steht das Rad doch schief?

„Haben Sie an die Parkscheibe gedacht? Die sind flott unterwegs hier.“ Jetzt strahle ich! Opas können doch nützlich sein! Stimmung gehoben, Knöllchen vermieden.

Hätte er mir dann nur noch ein „Werthers Echte“ in die Finger gedrückt, ich hätte ihn gedrückt!


Sonntag, 4. November 2012

Ein Ton


Manchmal schau ich dich an. Nein, immer schau ich dich an. Aber manchmal schaffe ich es, dich zu sehen, ohne dass du es weißt. Immer dann, wenn du ganz in dir bist. Immer dann, wenn du Lieder hörst. Nicht irgendwelche. Solche, die du liebst. Solche, die du nicht nur mit den Ohren wahrnimmst. Es scheint dann, als hörten deine Augen, als fühlte deine Nase, als summte deine Hand.
Immer dann bist du ganz in dir. Immer dann sehe ich Trommelwirbel in deinen Augen. Immer dann sehe ich, wie die Melodie deine Züge streift, dein Gesicht entspannt. Immer dann sehe ich, wie leicht deine Mundwinkel sich formen lassen.
Immer dann will ich verschwinden. Mich auflösen. Nicht weiter greifbar sein. Nur ein Ton. So ein geschwungener schwarzer Fleck auf dem Notenblatt. Nur auf den ersten Blick austauschbar. So einer, der dich aufhorchen lässt. So einer, der dein Lied perfekt macht. Einer, der durch den Raum schwebt. Sich entfaltet, dein Ohr liebkost, deiner Nase schmeichelt.
Einer, der dich zurück in dich bringt.

Donnerstag, 8. März 2012

Ausziehn! Ausziehn!

So langsam wird mir der Wintermantel ein wenig schwer. Seit Monaten lastet dieses Ding jetzt schon auf meinen Schultern und begräbt mich nahezu unter sich. Außerdem ist schon lange keine frische Luft mehr an meinen Hals gelangt. Nur die Wolle von den vielen Schals, die man anlegen muss, wenn man kein Interesse an schmerzenden Bronchen hat. Dicke Winterstiefel? Klar! Die muss man anziehen, weil die Füße immer warm gehalten werden müssen! Sonst gibt es eine dicke Erkältung und die Viren lachen sich kaputt.
Horsche ich dieser Tage aber in mich hinein, höre ich keine Viren lachen (schließlich trage ich ja alles, was warm hält). Was ich vernehme, ist eine protestierende Stimme, die schreit: "Ausziehn! Ausziehn!".
Eine Stimme, die keine Lust mehr hat auf den Winter und Temperaturen unter zehn Grad. Eine Stimme, die sich Sonne, einen blauen Himmel und vielleicht auch eine erste Portion Eis wünscht. Eben ohne schweren Mantel, gefütterten Schuhen und mehreren Lagen Kleidung.Der Blick auf den derzeitigen Wetterbericht, macht schon Hoffnung. Eine Hoffnung, die hoffentlich auch zur Realität wird! Denn: Ende März (ich habe nachgeguckt: es passiert am 25. März) wird die Uhr wieder umgestellt. Die Sommerzeit bricht damit an. Um 2 Uhr nachts sollen wir den Zeiger auf 3 Uhr stellen. Uns fehlt dann quasi eine Stunde. Eine Stunde, die man sonst braucht, um dicke Socken, warme Pullis, Handschuhe und Co anzulegen... Ich glaube, ich Probe dieser Tage einfach schonmal diesen "Ernstfall", ziehe irgendwann nachmittags einfach den Schal aus oder öffne die Jacke und drücke mir selbst die Daumen, dass die Viren vor lauter Überraschung vergessen zu lachen...

Montag, 16. Januar 2012

Von Heuschrecken, Schafen, Hasen und Eisbären.....

Eigentlich habe ich kein Problem mit Tieren. Hunde, Katzen, Nager oder gar Reptilien finde ich viel zu interessant, als das ich mich einer Art Furcht hingeben könnte. Gleiches gilt sogar für Spinnen oder Insekten: ihr emsiges Weben oder zielgerichtetes Flitzen fasziniert mich.
Ganz anders ist das bei Ärzten, Schwestern und deren Helferinnen. Auch wenn die Mitglieder medizinischer Berufsgruppen sicherlich viel Gutes verrichten, will ich möglichst wenig mit ihnen, ihren Gerätschaften und vor allem ihren Spritzen zu tun haben. Zumindest solange es mir so gut geht, dass meine Phantasie noch vollkommen unbeeindträchtigt funktioniert. Meine jüngste Begegnung mit Krankenschwestern, Anästhesisten und Ärzten hat mich nämlich ziemlich verwirrt!
Nervlich am Ende, wie manche Dame, die eine Spinne findet, sollte ich mich auf der Station für ambulante Eingriffe melden, um einen ebensolchen über mich ergehen zu lassen. Nichts Großartiges für die Welt, für mich aber schrecklich, bewegend und einschneidend. Und zwar einschneidend nicht nur, weil eine OP immer auch mit einem Schnitt zu tun hat, sondern weil das Ganze auch meinen Blick auf so manches Tier verändert hat!
Ich weiß nicht genau, ob es an dieser winzigen Tablette lag, die mir eine Schwester gegeben hat, oder ob mein Gehirn selbst mich zur Beruhigung austricksen wollte. Während ich aber endlose "Jahre" darauf warten musste, dass "es" endlich losgeht, wurden die Krankenschwestern für mich mehr und mehr zu Schafen. Ob ihre weißen Kittel tatsächlich aus Wolle sind, kann ich nicht sagen. Angeguckt haben sie mich jedenfalls unglaublich sanft. So, wie man sonst nur junge, verschreckte Hasen ansieht. Ihr recht ruhiges "Blöken" hat mich sogar ein wenig beruhigt.
Eine Ruhe, von kurzer Dauer: Als mich zwei aus ihrer Herde in Richtung OP rollten, wollte ich eigentlich ausbüxen, fand mich aber in Windeseile in den "Händen" von grünen Heuschrecken wieder, die mich aus großen Augen anblickten und geschäftig an mir herumwuselten. Kaum fand ich mich in ihrer Obhut, wanden sich schon lange Kabel und Schläuche um mich. Während ein mit hellgrünem Gesicht versehenes Insekt, wissen wollte, wovon ich träumen möchte, jagte mir die andere hinterrücks einen Stachel in den Handrücken und legte mir eine Maske aufs Gesicht. "So leicht erledigen Insekten also einen Hasen", ist mein letzter Gedanke. Wie ich mich aus ihren Klauen befreien konnte, bleibt mir bis jetzt ein Rätsel. Vielleicht haben auch die Schafe geholfen. Denn bei ihnen bin ich wieder aufgewacht. Bei ihnen, die jetzt gar noch sanfter waren, als vorher. Nur die Nadel in meinem Handrücken wollten sie nicht entfernen. Schlafen solle ich. Bis der Chef kommt. Der Chef? Wer um alles soll den hier der Chef sein? Chef von Schafen wäre ein Hirte. Dass irgendwann ein Eisbär vor mir stand, hat mich dann doch überrascht. Dass dieser Chef mich nicht gefressen hat, ebenfalls. Vielmehr hat er den Schafen zugebrummt, dass ich in einer Stunde abgeholt werden könne. Abgeholt von meiner liebenswerten Glucke.
Jetzt hoffe ich nur, dass es lange dauert, bis ich die nächsten Heuschrecken oder Schafe zu Gesicht bekomme.....