Montag, 7. Februar 2011

Danke für die Diskussion, Til Schweiger

Sollte man den Aufenthaltsort entlassener Sexualstraftäter bekannt machen oder besser nicht? Schauspieler Til Schweiger forderte jüngst vehement, im Internet solle darüber informiert werden, wer sich schuldig gemacht hat und vor allem, wo er wohnt.
Mich bringt diese Frage zu einer Diskussion mit mir selbst:
Auf der einen Seite ist es natürlich sinnvoll, wenn Eltern die Möglichkeit haben ihre Kinder besser zu schützen, wenn sie wissen, auf welchen Straßen die Kleinen sich frei bewegen können und wo der Nachwuchs besser nicht Seilchenspringen geht. Auf der anderen Seite frage ich mich, ob Mütter und Väter tatsächliche eine Landkarte brauchen oder ob diese nicht nachlässig machen könnte in der Erziehung.
Als ich beispielsweise noch klein war, brauchte meine Mutter kein Wissen um einen Karl D. in der Nachbarschaft, um mir zu erklären, warum ich nicht mit Fremden sprechen und schon gar nicht mitgehen darf. Was solche Dinge anbelangte, war das Wort von meinen Eltern Gesetz.
Würde meine Mutter heute vielleicht erst ins Internet gehen, sich die "Landkarte der Verbrecher" ansehen und ihrem Kind dann sagen: "Spiel bitte nicht auf der Hauptstraße, auf der Goethestraße und auf dem Nordweg! Da wohnen böse Menschen."??? Was wäre wenn gerade dann auf der bis dato "sauberen" Schillerstraße eine Mensch seine pädophilen Neigungen entdeckt?
Außerdem frage ich mich: Wie steht es mit der Angst die geschürt wird? Kann ein Kind noch frei aufwachsen und zu einer selbstständigen Person werden, wenn es Tag für Tag persönlich von den Eltern zur Schule, zum Sport und zu den Freunden gefahren wird? Welche Persönlichkeiten wachsen dann heran? Menschen, die sich "mutterseelen allein" in Vorstellungsgesprächen behaupten können? Menschen, die es selbstständig schaffen, jemanden abzuwehren, der nicht nur ihr Bestes will? Menschen, die erst scheu nach links und rechts sehen, wenn sie etwas gefragt werden?
Und: Was bedeutet ein solches "Öffentlich-Machen" für die Arbeit der Polizei? Könnte das Aufkommen von Demonstrationen den Blick der Beamten vom Haus des entlassenen Täters ablenken? Würde die Überwachung in eine Beschütz-Aktion des Sexualstraftäters umschwenken, weil viele Bürgerinnen und Bürger ihm an den Kragen wollen?

Auf all diese Fragen müsste man eigentlich keine Antwort suchen, wenn das Rechtssystem endlich angepasst würde und Menschen, die sich an Kindern, an wehrlosen Frauen, an hilflosen jungen Männern vergangen haben, gar nicht mehr auf die Straße gelassen würden.
Dem widersprechen leider die sogenannten "Gutmenschen". Es sei gegen die Menschenwürde, jemanden weiter einzusperren, der seine Strafe verbüßt hat. Selbst das liebe Grundgesetz wird also zu Argumentationszwecken ausgepackt.
Was allerdings leider vergessen wird: Den Opfern ist das eigene "Recht auf Freiheit" mit Beginn der Tat genommen worden.

Nie wieder werden sie sich vollkommen frei fühlen können, immer werden sie einen Schatten im Rücken spüren. Natürlich ist dieser je nach Situation mal größer, mal kleiner, das Erlebte behält seine Präsenz aber bis ans Ende. "Man könne sich psychologisch behandeln lassen", argumetieren hier die einen, nur verstehen die wenigsten, dass kein Mensch auf "Vergessen" hin behandelt werden kann.

Vielmehr ist jeder Streit um den gesellschaftlichten Umgang mit den Tätern ein weiterer Stich für die Betroffenen, für die Opfer, für die Überlebenden, denen man den letzten Namen übrigens nicht nur gegeben hat, weil die Täter sie nicht umgebracht haben, sondern weil sie jeden Tag dafür kämpfen selbst weiterleben zu wollen.

Würde man diesen Menschen mehr Gehör schenken, würde man eine Ebene schaffen, auf der diese Menschen  sprechen könnten, wäre dies sicherlich kein freudiger Vortrag, aber eine Grundlage.
Eine Grundlage zur weiteren Diskussion. Vielleicht sogar ein Grundstein, um das System endlich zu verändern und den Blick eher auf die zu richten, die überlebt haben und weiterhin überleben wollen. Die, die jedes Recht haben sollten, um ein Stück Freiheit zurück zu gewinnen!

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